Grund­sätz­li­ches

TCM-His­to­rie und der gel­be Kaiser

Die Tra­di­tio­nel­le Chi­ne­si­sche Medi­zin (TCM) ist nun mehr als 2000 Jah­re alt. Das Wis­sen um die Medi­zin basiert auf einer mytho­lo­gi­schen Gestalt – dem Gel­ben Kai­ser “Huang Di” (sie­he Bild), der ein grund­le­gen­des Werk (Inne­re Medi­zin) geschaf­fen hat – das “Huang di Nei Jing” (des Gel­ben Kai­sers Klas­si­ker zur inne­ren Medi­zin), bestehend aus zwei umfang­rei­chen Tei­len, eines zur Theo­rie der Chi­ne­si­schen Medi­zin und der zwei­te Teil zur prak­ti­schen Umset­zung jener. Von die­sen Grund­ideen aus­ge­hend hat jeg­li­ches Den­ken in der Tra­di­tio­nel­len Chi­ne­si­schen Medi­zin sei­ne Anwen­der stets beglei­tet. Das gro­ße Werk wird oft als “Bibel” der Chi­ne­si­schen Medi­zin bezeich­net. Wie die Bibel auch bei uns als fun­da­men­ta­les Werk mit Theo­rien und Richt­li­ni­en bis in die heu­ti­ge Zeit bewahrt wur­de und mehr einen ideo­lo­gi­schen als deter­mi­na­ti­ven Cha­rak­ter auf­weist, so gilt das Werk des “Gel­ben Kai­sers” als Bau­stein einer weit rei­chen­den Ent­wick­lung irdi­scher Bemü­hun­gen der tra­di­tio­nel­len Ärz­te in Chi­na und dar­über hinaus.

 
TCM-Grund­la­gen

Die Tra­di­tio­nel­le Chi­ne­si­sche Medi­zin erscheint uns manch­mal des­halb ein wenig fremd, weil das Denk­mo­dell, auf wel­chem die TCM basiert, einer völ­lig ande­ren Kul­tur und einem völ­lig ande­ren Zeit­al­ter ent­springt, als es bei uns in Euro­pa der Fall ist. Die Medi­zin in Euro­pa kann man als eine moder­ne Medi­zin bezeich­nen – schließ­lich war man bis in das 19. Jahr­hun­dert damit beschäf­tigt ana­to­mi­sche Fra­gen bezüg­lich unse­res Kör­pers zu lösen, und sind heu­te mit High­tech immer noch dabei… Die Medi­zin der Chi­ne­sen exis­tiert seit über 2000 Jah­ren und hat ihre Wesens­zü­ge weit­ge­hend bei­be­hal­ten – unter Ein­be­zug der zahl­rei­chen Ein­flüs­se von außen im Lau­fe der Zeit. Im Zen­trum des Den­kens steht die Tat­sa­che, dass alle natür­li­chen Vor­gän­ge in Bezie­hung zuein­an­der ste­hen, sich beein­flus­sen und bestrebt sind stets einen har­mo­ni­schen Aus­gleich die­ser natür­li­chen Kräf­te zu erzie­len. Hier­aus erge­ben sich auto­ma­tisch Pola­ri­tä­ten, die uns bekannt sind unter der Bezeich­nung “Yin und Yang”. Möch­te man natür­li­che Pro­zes­se beschrei­ben, bedarf es stets einer Gegen­sätz­lich­keit, um die­se über­haupt beschrei­ben zu kön­nen. Möch­te man den Tag beschrei­ben, muss man erst wis­sen, wie die Nacht ist, möch­te man Krank­heit defi­nie­ren, so muss man erst wis­sen, was Gesund­heit ist etc. In all dem ist Yin und Yang prä­sent. Die­se bei­den Kräf­te ver­kör­pern ein ste­ti­ges Wech­sel­spiel von natür­li­chen Vor­gän­gen, sie ergän­zen sich, gehen mit­ein­an­der und gegen­ein­an­der und den­noch sind sie eine Ein­heit. Ein wei­te­res beschrei­ben­des Modell des chi­ne­si­schen Grund­den­kens wären die “fünf Wand­lungs­pha­sen” – ein theo­re­ti­sches Modell basie­rend auf den fünf Ele­men­ten “Holz, Feu­er, Was­ser, Erde und Metall” und des­sen Wech­sel­wir­kun­gen zuein­an­der und miteinander…

 

TCM-Unter­schie­de

Es ist nie mein Bestre­ben gewe­sen zu bewei­sen, wel­che nun die bes­se­re Metho­de ist – die Tra­di­tio­nel­le Chi­ne­si­sche Medi­zin in Chi­na oder die Schul­me­di­zin in Euro­pa. Jedes Medi­zin­sys­tem ist das Pro­dukt einer kul­tu­rel­len und sozia­len Umge­bung und von vor­ne her­ein mit Unter­schie­den behaf­tet. Bei­de Sys­te­me sind somit eigen­stän­di­ge Medi­zin­sys­te­me, die ihre Vor- und Nach­tei­le haben. Zusam­men wür­den sie viel­leicht ein per­fek­tes Medi­zin­sys­tem reprä­sen­tie­ren, doch da die Denk­an­sät­ze so sehr ver­schie­den sind, kön­nen die Sys­te­me nicht immer inein­an­der geführt wer­den. Chi­na ist heu­te auch im Medi­zin­sys­tem bereits auf dem west­li­chen Stan­dard. Davon zeu­gen Kran­ken­häu­ser und fort­schritt­li­che Tech­no­lo­gien, die unse­rem Niveau in Euro­pa glei­chen. Den­noch hat sich die Tra­di­tio­nel­le Chi­ne­si­sche Medi­zin sei­nen Stel­len­wert und eine gewis­se Gleich­be­rech­ti­gung zur Schul­me­di­zin bewahrt: in den moderns­ten Kran­ken­häu­sern in Chi­na fin­den sich Abtei­lun­gen für Aku­punk­tur und Tra­di­tio­nel­le Medi­zin, stets in enger Zusam­men­ar­beit mit der Schul­me­di­zin. Somit gehö­ren Bil­der wie die­ses unten links, wo ein Stra­ßen­arzt Medi­zin­be­hand­lun­gen durch­führt, fast zur Vergangenheit…

  • Schul­me­di­zin

    In der west­li­chen Schul­me­di­zin ist man bestrebt ana­ly­tisch vor­zu­ge­hen. Das heißt eine Krank­heit wird erfasst und in die­sem Wesen unter­sucht. Von Bedeu­tung sind dabei eine kla­re Defi­ni­ti­on der Ursa­chen sowie eine Beweis­er­stel­lung durch Labor­wer­te, Rönt­gen, Ultra­schall, Endo­sko­pie, Biop­sie etc. Dabei ist es wich­tig für eine Erkran­kung die in einem bestimm­ten Gebiet krank­haft ver­än­der­ten Struk­tu­ren fest­hal­ten zu kön­nen und zu beschrei­ben. Die quan­ti­ta­ti­ven Para­me­ter sind Vor­aus­set­zung für eine Dia­gno­se­stel­lung. Hier­bei wird aber iso­liert nur die fass­ba­re Krank­heit behan­delt, jedoch nicht der dazu­ge­hö­ri­ge Mensch. Bei­spiel­wei­se wird ein Tumor ent­fernt ohne sich dar­um zu bemü­hen, war­um die­ser erst ent­ste­hen konn­te… Folg­lich geschieht die Behand­lung in den meis­ten Fäl­len sym­pto­ma­tisch. Auf­grund der Iso­la­ti­on einer Krank­heit wird lei­der nur ein Bereich der beim Men­schen vor­han­de­nen Ebe­nen behan­delt – näm­lich der Körperliche.

  • Chi­ne­si­sche Medizin

    Die Chi­ne­si­schen ärz­te sehen eine Krank­heit als einen momen­ta­nen Zustand, wobei nicht von Krank­heit die Rede ist, son­dern von einem in Dis­har­mo­nie ste­hen­den Kör­per im Bezug zur Natur, dem sozia­len Umfeld und zu sich selbst. Das Bestre­ben der tra­di­tio­nel­len ärz­te ist es, den Kör­per wie­der in Ein­klang – in Har­mo­nie zu brin­gen, damit die Ener­gie in Bezie­hung zur Natur wie­der frei flie­ßen kann. Man könn­te die­ses Basis­den­ken in ande­ren Wor­ten so fas­sen, dass der Pati­ent in Chi­na als ein gan­zes phy­sio­lo­gi­sches und psy­cho­lo­gi­sches Indi­vi­du­um gese­hen wird, wel­ches in Rela­ti­on zu ande­ren Berei­chen gebracht wird. Die Berei­che “Kör­per, See­le und Geist” bil­den ein Gan­zes. Daher spricht man in der Lite­ra­tur auch von einer Ganz­heits­me­di­zin oder in Fach­krei­sen von holis­ti­scher Medi­zin. Der Kör­per und die Psy­che haben einen gleich­wer­ti­gen Bestand in der TCM. Hier wird in der west­li­chen Schul­me­di­zin lei­der immer noch oft ein Trenn­stich gezo­gen. Aber suchen die chi­ne­si­schen ärz­te denn nicht nach Ursa­chen? Nun, ja und nein – sie fra­gen nicht danach wel­ches “XX” ver­ur­sacht “YY”, sie fra­gen eher danach in wel­cher Bezie­hung steht “XX” zu “YY”. Die Chi­ne­sen ken­nen zum Bei­spiel in ihrer Ter­mi­no­lo­gie kein Ner­ven­sys­tem! Den­noch kön­nen neu­ro­lo­gi­sche Erkran­kun­gen erfolg­reich behan­delt wer­den… Eben­so taucht nir­gends das hor­mo­nel­le Sys­tem auf. Die Ter­mi­no­lo­gie ist ein­fach eine ande­re und auch die Denkweise.

Stellt sich die Fra­ge, ist die­se tra­di­tio­nel­le chi­ne­si­sche Medi­zin nun eine fun­da­men­ta­le Wis­sen­schaft, Hum­bug oder gar eine Kunst? Hum­bug nun sicher nicht, denn dann hät­te sie nicht mehr als 2000 Jah­re lang über­lebt und die Welt-Gesund­heits-Orga­ni­sa­ti­on hät­te welt­weit sicher nicht spe­zi­fi­sche Erkran­kun­gen defi­niert, die mit Aku­punk­tur beson­ders gut zu behan­deln sind, nein… Wis­sen­schaft oder Kunst? Am Anfang mag sie einem wie eine Kunst vor­kom­men, doch je mehr man sie stu­diert und prak­ti­ziert, umso mehr wird sie zur Wissenschaft.

TCM-Krank­heits­ur­sa­chen

Zunächst ein­mal muss man sich klar machen, dass die Tra­di­tio­nel­le Chi­ne­si­sche Medi­zin unse­re west­li­chen Krank­heits­be­grif­fe nicht ver­wen­det. Bei kör­per­li­chen Lei­den wer­den grund­sätz­lich so genann­te “Mus­ter” defi­niert und ent­spre­chend behan­delt. Aus den alten Büchern über­lie­fert ist eine kla­re Dar­stel­lung der Ursa­chen von Erkran­kun­gen. Die­se doch ein­fa­che Struk­tu­rie­rung erfasst die inne­re Logik des gan­zen Sys­tems und kann somit Krank­hei­ten erfas­sen, für die es manch­mal gar kei­ne Bezeich­nung gibt.

 

  • Äuße­re krank­ma­chen­de Fak­to­ren wie:

    Wind, Käl­te, Hit­ze, Som­mer­hit­ze, Näs­se, Tro­cken­heit. 
    Die­se kön­nen sehr leicht in den Kör­per ein­drin­gen und ein Ungleich­ge­wicht vor­han­de­ner Kör­per­ener­gien ver­ur­sa­chen. Als Bei­spiel die­ser Denk­wei­se sei der Fak­tor “Käl­te” ange­bracht: ein Bau­ar­bei­ter, der 30 Jah­re bei kal­tem Wet­ter drau­ßen arbei­ten muss, könn­te im Alter Gelenk­schmer­zen ent­wi­ckeln. Die schul­me­di­zi­ni­sche Dia­gno­se zum Ver­gleich wäre “Arthro­se”. In Chi­na wäre es der krank­ma­chen­de Fak­tor “Käl­te“.

     

  • Inne­re krank­ma­chen­de Faktoren

    Inne­re krank­ma­chen­de Fak­to­ren kom­men, wie der Name schon sagt, aus dem Inne­ren des Kör­pers und basie­ren auf einer Dis­har­mo­nie der ener­ge­ti­schen Zustän­de der Orga­ne, der Sub­stan­zen und ihrer Bezie­hun­gen. Hier­zu zählt auch der Ein­fluss der Emo­tio­nen auf den Kör­per, der eben­falls Dis­har­mo­nien ver­ur­sa­chen kann.

  • Sons­ti­ge krank­ma­chen­de Fak­to­ren sind:

    Unfäl­le Gewalt­ein­wir­kung auf den Kör­per Ope­ra­tio­nen Über­be­las­tung psy­chi­sche Trau­men. 
    Die sons­ti­gen krank­ma­chen­den Fak­to­ren kön­nen den Kör­per in dem Maß schwä­chen, dass wie­der­um die äuße­ren Fak­to­ren leicht ein­drin­gen kön­nen. So gese­hen gibt es unter die­sen Fak­to­ren auch eine Wechselbeziehung.

TCM-Dia­gnos­tik

Die Dia­gno­se wird in der Tra­di­tio­nel­len Chi­ne­si­schen Medi­zin nach einer aus­führ­li­chen Ana­mne­se mit dem Pati­en­ten gestellt. Dazu gehört zunächst das per­sön­li­che Gespräch, wo über die Erkran­kung gespro­chen wird, über Begleit­um­stän­de, über das sozia­le Umfeld, die Emo­tio­nen, die Ernäh­rungs­ge­wohn­hei­ten und Vie­les mehr. Ergän­zend wird die Zun­ge genau­es­tens ange­schaut sowie der Puls gefühlt.

 

Um der Wich­tig­keit die­ser dia­gnos­ti­schen Mög­lich­kei­ten auf­zu­zei­gen, hat Mari­ka Jet­e­li­na bereits ein Fach­buch über Zun­gen­dia­gno­se für The­ra­peu­ten im THEWS-Ver­lag ver­öf­fent­licht. Die Zun­gen­dia­gno­se von Mari­ka Jet­e­li­na in 54 Bil­dern stellt ein Arbeits­skript in beson­de­rer Wei­se dar. Der Leser hat anhand von Skiz­zen, die ergänzt wer­den kön­nen, die Mög­lich­keit: — Zun­gen­far­be | Zun­gen­form | Zun­gen­be­lag — zu interpretieren.